e-Books – teure Lesegeräte und Tollhaus der Formate


Ich oute mich hiermit als Star Trek Fan – allerdings mehr oder weniger ausschließlich Next Generation. Die Macher haben wohl gerne auch mal in Zeitschriften wie Nature und Science geblättert und sind dabei über solche Ideen wie der Raumkrümmung (Warp-Antrieb), Quantencomputer (Miss Bordcomputer) oder in den Raum projezierte Hologramme (Holodeck) gestolpert. Auch die Idee des Beamens fand wohl jeder irgendwie ganz lustig, wenn auch vernünftig betrachtet fern der Realität. Persönlich fand ich aber auch immer diese kleinen “eBook-Reader” (hatten die nen Namen) mit den Captain Picard nach einem harten Tag voller Raum-Zeit-Anomalien und “Resistance is futile, you will be assimilated”-Männchen ins Bett ging.

Mittlerweile hat der Raum nicht allzu stringente 11 Dimensionen (mal mehr oder weniger), der Quantencomputer ist ein Thema in der C’t und Holodecks sind so absurd auch nicht mehr. Selbst beamen über die Donau ist möglich – solang nicht nur die Anwesenheit in Form von Quantenzuständen bei der Arbeit gefordert ist, sollte man die Bahn dennoch nicht verpassen.

Was aber ist aus diesem praktischen kleinen “eBook-Reader” von Cpt. Picard, den man sich in die Hosentasche stecken, welchen man mit Shakespeares Werken vollstopfen kann und welcher beinah das Look’n’Feel eines (einseitigen) Buches hat, geworden?

Tja, da gibt es “unendliche Weiten” von Formaten (22 bei Wiki aufgelistet), Softwarereadern und sogar eine ganze Menge freier sowie komerzieller Anbieter (mit wechselnder Palette der verschiedenen Formate). Bei den Formaten tut sich vielleicht was mit dem Open eBook Publication Structure (OEBPS). Aber neben den eigentlichen Formaten verkompliziert sich das ganze noch – insbesondere bei den kommerziellen Anbietern – über verschiedene Lizenzbedingungen. Normalerweise erhält man, im Gegensatz zum Printpendant, nur Nutzunglizenzen, d.h. man darf (kann) die Werke nur auf einer begrenzten Zahl, meist zwei: für PC und den portablen Reader, von (eigenen) Lesegeräten einsetzen. Außerdem darf man sie teilweise nicht verleihen und ausdrucken ist in den meisten Fällen untersagt oder gleich ganz unterbunden.

Ok, im Grunde ist das alles noch nachvollziehbar, obwohl man sich vielleicht intelligentere Lösung, gerade beim Verleihen, vielleicht wünschen würde. Eine meines Erachtens intelligente Lösung für Bibliotheken (z.B. TUB Hamburg-Harburg) bietet Wiley mit dem Roaming Access an. Im Grunde muss man innerhalb der Bibliothek sich einmal ein Konto einrichten, das Roaming aktivieren und dann kann man für etwa 6 Monate (war jedenfalls sehr lang) auch von außerhalb Bücher “ausleihen”. Netlibrary, ebenfalls bei der TUBHH, ist da erheblich unflexibler. Leiht ein Benutzer das Buch aus, dann ist es für andere für die Dauer von 2-8 Stunden (will man es länger nutzen, dann muss man die Ausleihe immer wieder erneuern) anderen Nutzern nicht verfügbar – quasi wie bei den Print-Verwandten. Die Konzepte von Wiley und Netlibrary zusammengenommen wären doch eine interessante (komplizierte?) Idee für die Nutzung von kommerziellen eBooks. Nutzung…
Tja, die Nutzung – da wird es wirklich kompliziert. Entsprechend den Formaten braucht man ja schließlich ein Lesegerät. Beim Computer ist das leicht über die Installation entsprechender Reader-Software möglich, aber im Grunde will ich ja eben nicht am PC lesen müssen. Mir als Nutzer bleibt es aber, trotz (einigermaßen) intensiver Suche, schleierhaft welche Geräte eigentlich wirklich für e-Books taugen. Letzlich landet man immerwieder bei PDA’s, aber auch wenn ein Palm TX Handheld mit seinem kippbaren Display einen guten Eindruck macht, dann wird nie auf die E-Book-Tauglichkeit eingegangen. Mal davon abgesehen bringt so ein Gerät tausend Funktionen mit, welche ich eigentlich gar nicht brauche und ist dementsprechend teuer. Erfahrungsgemäß fallen einem die Haken bei neuen Geräten (für “neue” Anwendungen) ja immer erst nach Kauf des ersten Modells auf. Soweit ich das sehe, sind einige vorab zu erkennenden Haken, dass die meisten Geräte noch zusätzlich Speicherkarten brauchen, je nach Betriebssystem nicht alle Reader-Software installierbar ist, womöglich die Akkulaufzeit… dann bleiben noch die Sachen, die man eben erst bei der Anwendung bemerkt.

Eigentlich müsste es aber doch “einfache”, spezialisierte E-Book-Reader geben – sowas wie Picard hat halt. Unter E-Book devices findet man bei Wikipedia auch tatsächlich solche Geräte. Mit dem Sony Reader (auch ein Bild dort) sogar welche, die ePaper-Technologie verwenden, bei denen also nicht permanent Strom zum Erhalt des Displays nötig ist (wenn dann das Micro Energy Harvesting (3sat-Nano dazu) in eine heiße Phase geht, brauchen wir vielleicht nichtmal mehr Batterien). Die Liste der Geräte bei Wikipedia ist aber nicht gerade beeindruckend lang. Zudem sind die meisten verfügbaren Geräte nicht älter als zwei Jahre, es scheint also alles – erstaunlicher Weise – noch sehr in den Kinderschuhen zu stecken.

Wirklich schade. Ich gehört sicher nicht zu den Leuten, die am Papier hingen (man kennt dies Argument ja in der ein oder anderen Form), wenn die Alternativen vorhanden wären. Ich würde gerne Abend auch den (vom Inhalt) dicksten Wälzer einhändig in quasi jeder Position im Bett lesen können – auf das permanente Rauschen des Warp-Antriebmotors (was zum Geier ist das sonst immer für ein Hintergrundgeräusch?) verzichte ich allerdings 😉

EDIT 2007-01-05: In einer uralten Heise-Newsmeldung wird schon auf eine etwas andere Lösung zum Verleihen von E-Books hingewiesen. Bewährt hat’s sich wohl nicht (entnehme ich dieser FAQ).