Schulbibliotheken “Hamburger Modell” – Konzept für Vollzeitstellen


Über das Hamburger Projekt »Schulbibliotheken für alle Schulen« wurde hier schon früher berichtet, leider bei weitem weniger ausgiebig, als wünschenswert. Thema zuletzt war das Auslaufen der Projektstellen und das mögliche Scheitern der neun Prototypen. Da ist es eine Meldung wert, dass ein Großteil der Schulen ihre Bibliotheken erhalten und die Stellen in unbefristete, reguläre Vollzeitstellen umgewandelt haben. Dass ein wesentlicher Impuls für das entsprechende Konzept von meinem Schulleiter kam, freut mich dabei sehr, insbesondere, weil es ab diesem Zeitpunkt allen Schulen (mit Oberstufe) die Schaffung solcher Stellen ermöglicht. Diese entscheidende Konsequenz ist mir so erst beim letzten Projekttreffen (das Projekt läuft entgegen den Stellen bis zum Ende des Jahres) bewusst geworden. Der Beitrag Personalkonzept für Schulen angemahnt im auf Schulbibliotheken spezialisierten Basedow1764’s Weblog (Tipp!) hat mich angeregt, doch mal ›schnell‹ was dazu zu schreiben, weil solche Dinge sonst gänzlich untergehen.

Finanzierung

Die Finanzierung erfolgt folgendermaßen: Für die Oberstufenseminare werden pro Woche zwei verbindliche Stunden für eigenständiges Arbeiten eingeführt. Die müssen an anderer Stelle ›eingespart‹ werden, was aber – zmdst. bei uns – mit der Überlegung verbunden war, dass die Auslastung der Schüler durch Kurse ohnehin sehr hoch und dies eine sinnvolle Option ist. Mit vier Profilen und zwei Jahrgängen (11. und 12. Klasse am Gymnasium) ergeben sich damit 4 x 2 x 2 = 16 Wochenstunden, die die Finanzierung einer E6-Stelle erlauben. Dieses Modell ist von der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) genehmigt und kann daher von anderen Schulen (rechtssicher) übernommen werden! Das ist durchaus ein wichtiger Schritt – und es funktioniert doch meist alles nur in kleinen Schritten. Zumindest geht es nicht ›zurück auf Los‹ mit der Idee, wenn auch in der Perspektive eine gezieltere Qualifizierung und Förderung, curriculare Einbindung, sowie z.B. frühzeitiger Planung großer und abgestimmter Schulbibliotheken (oder Medienzentren, Selbstlernzentren – wie man sie auch immer bezeichnen mag) und, schon aus praktischen Gründen, eine attraktivere Bezahlung (denn die wirkt auf viele abschreckend) wichtig sind.

Praxis(ansätze)

In der Praxis heißt dies dann, dass die Oberstufenschüler für diese Zeiten einen verbindlichen Anspruch auf die Ressourcen der Schulbibliothek haben – inklusive der Unterstützung durch den/die BibliothekarIn. Die praktische Umsetzung kann organisatorisch eine Herausforderung sein, insbesondere in Abstimmung von Zeit, Platz und weiteren Kursen. Bei uns fahren wir derzeit das Modell, dass der Anspruch gegeben, die Verwendung dieser ›selbständigen Arbeitszeit‹ aber nicht obligatorisch (z.B. mit Anwesenheitsliste) auf die Schulbibliothek festgeschrieben ist. Bisher erweist sich in der Praxis, dass die Schulbibliothek nachmittags und in Freistunden gerade von Oberstufenschülern sehr gerne in Anspruch genommen wird, insbesondere in arbeitsintensiven Phasen (Referate, Präsentationen, Vorabi, Abi), die natürlich nicht am Beginn des Schuljahres liegen.

Allerdings haben wir eine zweite, verbindliche Komponente. Und zwar müssen alle Oberstufenschüler mehrere ›propädeutische‹ Module absolvieren, die ihnen u.a. Grundlagen in der Web- und Literaturrecherche, Belegen und Zitieren und der Strukturierung von Arbeiten (Facharbeit) vermitteln. Trotz des Fokus auf die Oberstufe, habe ich darauf gepocht, dass zmdst. bis Mittag keine Sperrzeiten für untere Klassen festgelegt werden (praktisch gibt es eigentlich keine), denn natürlich sollen auch die Schüler und insbesondere ganze Kurse und ihre Lehrer mit der Schulbibliothek (und mir) arbeiten können. Insofern ist es auch gut, dass ich in der Steuerungsgruppe für die Methodencurriculumsentwicklung mitarbeite und die Idee (!) einer Schulbibliothek auch dort sinnvoll (!) verankert werden kann.

Die genaue Verplanung dieser Zeit variiert bei ›unseren‹ Projektschulen. Varianten sind z.B. die Verbindlichkeit (in der Schulbibliothek) der freien Arbeitszeit, ein 50-50-Prozent-Modell Schulbibliothek-Lehre, ergänzt durch eine Hilfskraft, Einsatz für »Feuerwehrstunden« (Beaufsichtigung und Unterstützung bei Ausfällen mit Arbeitsauftrag).

UPDATE 2012-11-28: Möglicherweise ist eine beispielhaft Stellenausschreibung interessant. Die ist die Ausschreibung zu meiner Stelle gewesen: FHH Ausschreibung Schulbibliothek.pdf

Projekt und Projektbericht

Sobald das Projekt Dezember 2012 endgültig abgeschlossen ist, werde ich es vielleicht hier in schriftlicher Form nochmal Revue passieren lassen. Bis dahin sei darauf verwiesen, dass nun doch – nach ›Widerständen‹ und u.a. nach einer Kleinen Anfrage der Grünen – der Evaluationsbericht veröffentlich ist und unter bildungsserver.hamburg.de/schulbibliotheken2009-2012/ abgerufen werden kann. Ebenfalls abrufbar unter der versteckten, im Ansatz aber guten eigenständigen Seite der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle (SBA) der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB): www.lernwelten-hamburg.de. Unbedingt glücklich machend oder erleuchtend ist diese Aneinanderreihung von Rohdaten allerdings nicht…

Zur Zukunft der SBA gab es einige Gerüchte, aber Kultur- und Bildungsbehörde haben sich (bei der Finanzierungsfrage) zusammengerauft, so dass die Angebote der Stelle weiterbestehen werden. Für die Projektbibliotheken heißt dies, dass der Katalog (www.schulbibliotheken-hamburg.de) und das Munzinger Archiv zmdst. bis 2014 weiterlaufen werden. Trotzdem bin ich nicht unglücklich für den Fall der Fälle schon mal eine Alternative gebastelt habe (slims.verweisungsform.de), wenn auch noch optimierungsbedürftig.


3 Antworten zu “Schulbibliotheken “Hamburger Modell” – Konzept für Vollzeitstellen”

  1. Zusagen sind so eine Sache, ich (als Beteiligter) habe die tatsächliche Veröffentlichung auch eher zufällig mitbekommen.

    Ich habe den Beitrag noch um meine Stellenausschreibung ergänzt. Der dort genannte Ansprechpartner, Herr Burkhardt, war wesentlich bei der Erstellung des Konzepts beteiligt (ich war nur mittelbar involviert). Möglicherweise kann er ggf. eine Art “Amtshilfe” leisten.

    Und weil es im Beitrag nicht so deutlich herauskommt: Die drei Gymnasien haben mehr oder minder alle obiges Konzept. Die Stadteilschulen haben das Teilzeit und das “Feuerwehrstunden”-Modell, die dritte will die Schulbibliothek dringend behalten, hat aber noch kein Finanzierungskonzept (ohne Oberstufe). Den schlechtesten Stand haben die drei Grundschulen. Eine wird von engagierten Lehrerinnen mit einigen Pausenöffnunen weiterbetrieben, bei einer anderen kommt möglicherweise doch die ehemalige Mitarbeiterin in Teilzeit zu zwei vorhandenen Hilfskräften zurück. Die dritte ist aus den Augen, aus dem Sinn…

    Der Kern der Sache ist: zmdst. die Gymnasien haben ausdrücklich etwas “klassischer” Arbeitszeit (im Seminar) zu Gunsten der Schulbibliothek abgegeben/reduziert/umgeschichtet (Frage der Perspektive). Sie haben das als sinnvolle Maßnahme, nicht als “Opfer” erachtet. Insofern wir davor drei Jahre als Mitarbeiter dabei waren, konnten sie allerdings gut einschätzen, was sie bei diesem Tausch erhalten. Das kann bei “neuen” Schulbibliotheken schon schwieriger sein, obwohl dieses Modell natürlich zmdst. bei vorhandener Oberstufe nutzbar ist. Nur damit kein Missverständnis entsteht, die Hamburg Schulen hätten nun alles wie zuvor und die Schulbibliotheken on-the-top…

  2. Sehr hilfreicher Beitrag! Bitte weiter informieren! Der Abschlussbericht war mir von den Bücherhallen zugesagt worden, jetzt habe ich eine Fundstelle.
    Wir hangeln uns in Berlin von Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose zum anderen. Immerhin gibt es jetzt ein inoffizielles Pilotprojekt für ein SB-Modul in der Erzieherausbildung. Denn für die gibt es Beschäftigugnsaussichten im Ganztagsbereich. In Hessen habe ich Ihren Beitrag herumgeschickt. Dort sagt das Ministerium, die Schulen bekämen 105% Lehrerzuweisung, sie hätten also Luft für weitere Beschäftigung. Nur schrumpfen die 105% beim “Herunterbrechen” auf die Schulebene(Ein beliebter Fachausdruck der Schulaufsicht) auf 98%.